Mit Blick auf die Referentenentwürfe aus dem Sommer und Herbst des letzten Jahres für das nun vom Bundestag verabschiedete Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts zur Vermeidung von temporären Erzeugungsüberschüssen, fällt dieses nun deutlich kürzer aus, als es der erste Entwurf erwarten ließ. Dennoch ist festzustellen, dass alle an der Gesetzgebung Beteiligten die Dringlichkeit der hier verabschiedeten Änderungen erkannt haben und es so, trotz aller Differenzen im allgemeinen Getöse des Wahlkampfs, zu einer fraktionsübergreifenden Einigung zwischen SPD, Grüne und der Union gekommen ist. Der nun endgültig vollzogene Wechsel vom Mess- zum Steuerungsrollout (Smart-Grid-Rollout) ist zu begrüßen, da eine stärkere Systemorientierung des Rollouts für ein Gelingen der Energiewende (zwingend) erforderlich ist.
Das Gesetz mit dem sperrigen Namen (Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts zur Vermeidung von temporären Erzeugungsüberschüssen) umfasst unter anderem die Änderungen einiger Paragrafen des EnWG, des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG), des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) sowie weiterer Gesetze, wobei nicht alle zuvor vorgesehenen Änderungen umgesetzt wurden.
Die Änderungen sollen nach Verkündung des Gesetzes, voraussichtlich im März 2025, in Kraft treten.
Erweiterung des Messrollouts zum Steuerungsrollout
Das nun vom Bundestag verabschiedete Gesetz sieht unter anderem eine Anpassung des §29 MsbG und der darin enthaltenen Regelungen zu Pflichteinbaufällen für intelligente Messsysteme und Steuerungseinrichtungen vor. Demnach hat eine Ausstattung mit intelligenten Messsystemen bei solchen Letztverbrauchern zu erfolgen, die einen Jahresstromverbrauch von mehr als 6.000 kWh vorweisen. Eine Ausstattung mit intelligentem Messsystem zuzüglich einer Steuerungseinrichtung hat am Netzanschlusspunkt bei jenen Letztverbrauchern zu erfolgen, mit denen eine Vereinbarung nach §14a EnWG besteht sowie bei Betreibern von Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 7 kW, sofern dies zur Erreichung der gesetzlich vorgeschriebenen Rolloutquoten erforderlich ist.
Optionale Einbaufälle
Die Möglichkeit optionaler Einbaufälle sieht das Gesetz für grundzuständige Messstellenbetreiber in § 29 Abs. 2 MsbG vor. Dies wären demnach Letztverbraucher mit einem Jahresstrombedarf <= 6.000 kWh oder Betreiber von Anlagen mit einer installierten Leistung <= 7 kW.
Ausnahmeregelung für Ausstattungspflicht
Eine Ausnahme von der Ausstattungspflicht mit Steuerungseinrichtungen sieht das Gesetz in § 29 Abs. 5 MsbG vor. Voraussetzung hierfür ist, dass der Anlagenbetreiber am Verknüpfungspunkt seiner Anlage mit dem Netz die maximale Wirkleistungseinspeisung dauerhaft auf 0 Prozent der installierten Leistung begrenzt und er gegenüber dem grundzuständigen Messstellenbetreiber in Textform erklärt hat, sicherzustellen, dass seine Anlage dauerhaft keinen Strom in die Elektrizitätsversorgungsnetze einspeist. Es besteht damit keine Notwendigkeit zur Ansteuerbarkeit der Anlagen, wenn lediglich eine Eigenversorgung oder Weitergabe außerhalb des Netzes erfolgt. Die grundsätzliche Ausstattungspflicht mit einem intelligenten Messsystem bleibt hiervon jedoch unberührt (!).
Balkonkraftwerke
Des Weiteren besteht keine Ausstattungspflicht für Steckersolargeräte mit einer installierten Leistung von insgesamt bis zu 2 kW und mit einer Wechselrichterleistung von insgesamt bis zu 800 VA, die hinter der Entnahmestelle eines Letztverbrauchers betrieben werden (kurz: Balkonkraftwerke).
Neue Preisobergrenzen
Darüber hinaus erfolgte eine teilweise Anpassung der in §30 MsbG festgelegten Preisobergrenzen. Zur Verdeutlichung haben wir Ihnen folgendes Schaubild erstellt:
Ab wann erfolgt die Anpassung der Preisobergrenzen?
Da es sich beim Messstellenbetrieb um ein Dauerschuldverhältnis handelt, entstehen auch die Entgelte jährlich neu. Daher gelten für ab dem 01.01.2025 entstehende Entgelte (unabhängig vom Zeitpunkt des Einbaus des intelligenten Messsystems) die neuen Preisobergrenzen. Hier gilt es auf die jeweiligen AGBs und Verträge zu achten.
Agiler Rollout
Hinsichtlich des agilen Rollouts gem. § 31 MsbG erfolgte eine Anpassung bzw. Klarstellung, dass dieser bis Ende 2025 möglich ist.
Anpassung der Standardleistungen
Das neue Gesetz zur Vermeidung von temporären Erzeugungsüberschüssen nimmt zudem mehrere Anpassungen des §34 MsbG vor und überführt so beispielsweise die bisherigen Regelungen aus §34 Abs. 2 Nr. 2a) -4c) MsbG in die Standardleistungen gemäß Absatz 1.
Klarstellungen
Für Klarheit sorgen zudem die Änderungen in § 3 MsbG, welche zukünftig auch den Anschlussnehmer als Schuldner der nach § 7 Abs. 1 S. 1 MsbG festzulegenden Entgelte benennt sowie die Klarstellung, dass es sich bei der Erbringung von Zusatzleistungen nach § 34 Abs. 2 MsbG in § 35 Abs. 1 MsbG um „angemessene Zusatzentgelte“ handelt und nicht um „Höchstentgelte“.
Neuer Rollout-Fahrplan bei EEG/KWKG-Anlagen
Geänderte Logik für Ausstattungsquoten
Ein besonderes Augenmerk ist auf die geänderte Logik bei der Berechnung der Ausstattungsquoten zu legen. Nach der nun geltenden Rechtslage wird in Bezug auf die auszustattenden Messstellen künftig auf die hiermit erfasste installierte Leistung abgestellt.
EnWG:
Pflichten der Netzbetreiber (§12 EnWG)
Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen müssen zukünftig sicherstellen, dass sie jederzeit Anpassungen nach § 13a Absatz 1 und § 14 Absatz 1 für Erzeugungsanlagen ab 100 kW Nennleistung und für fernsteuerbare Anlagen vornehmen können. Diese Anpassungen müssen jährlich testweise durchgeführt werden, wobei kleinere Anlagen erst ab dem 1. Januar 2026 einbezogen werden.
Die Betreiber von Übertragungsnetzen mit Regelzonenverantwortung müssen zudem einen jährlichen Gesamtbericht über die Ergebnisse der vorgenannten Anpassungstests erstellen und der Bundesnetzagentur und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz vorlegen.
Die Betreiber von Übertragungsnetzen müssen einheitliche Leitlinien für die Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen und grundzuständigen Messstellenbetreiber veröffentlichen.
Umrüstung von bestimmten Erzeugungsanlagen (§13l EnWG)
Mittels der Ergänzung des § 13l EnWG wird die Umrüstung von bestimmten Erzeugungsanlagen, insbesondere von Steinkohle- und Braunkohleanlagen, zu Betriebsmitteln, die zur Bereitstellung von Blind- und Kurzschlussleistung sowie von Trägheit für die lokale Netzstabilität dienen, ermöglicht. Die Umrüstung der Anlagen ist jedoch an konkrete Voraussetzungen geknüpft sowie an eine Genehmigung des Übertragungsnetzbetreibers mit Regelzonenverantwortung.
Die Bedingungen für den Betrieb der umgerüsteten Anlage werden durch Verträge zwischen den Übertragungsnetzbetreibern und den Anlagenbetreibern in Abstimmung mit der Bundesnetzagentur geregelt.
Hiervon ausgenommen sind die in Anlage 2 zum Kohleverstromungsbeendigungsgesetz genannten Braunkohleanlagen.
Indirekte Auswirkungen der Novelle auf § 14a EnWG
Auch wenn die Novelle keine unmittelbaren Änderungen für § 14a EnWG vorsieht, so hat sie dennoch Auswirkungen auf dessen Anwendung. Insbesondere wird durch die Änderungen in § 13a EnWG, die Steuerbarkeit und Flexibilität des Stromnetzes deutlich erhöht.
EEG
Technische Vorgaben (§9 EEG)
Die neuen Regelungen stellen klar, dass Anlagenbetreiber den ordnungsgemäßen Zustand der Anlagen sicherstellen müssen, d. h. Einbau und Betrieb von intelligenten Messsystemen (und Steuerungseinrichtungen) müssen möglich sein. Hierbei sind die allgemein anerkannten Regeln der Technik beim Anschluss von Anlagen an das Stromnetz zu beachten. Dies gilt für alle Anlagen, unabhängig von Ihrer Größe.
Einzige Ausnahme hiervon bilden Steckersolargeräte mit einer installierten Leistung von bis zu 2 kW und einer Wechselrichterleistung von bis zu 800 VA, die hinter der Entnahmestelle eines Letztverbrauchers betrieben werden (sog. Balkonkraftwerke).